Karpaltunnelsyndrom: Ursachen, Symptome & Behandlung

Kribbeln in Daumen, Zeige- und Mittelfinger, nächtliches Einschlafen der Hand oder nachlassende Griffkraft? Das könnte auf ein Karpaltunnelsyndrom hinweisen. Hier erfahren Sie verständlich, was dahintersteckt, wie die Diagnose gestellt wird und welche Behandlungen – von Übungen bis Operation – wirklich helfen. Plus: Selbsttest, typische Verläufe und klare Entscheidungshilfen.

Inhaltsverzeichnis

Was versteht man unter einem Karpaltunnelsyndrom?

Das Karpaltunnelsyndrom (KTS) ist eine Einengung des Mittelnervs (Nervus medianus) im Handgelenk. Der Nerv verläuft durch den „Karpaltunnel“, einen knöchernen Kanal mit straffem Banddach (Retinaculum flexorum). Kommt es dort zu Druckerhöhung, entstehen Missempfindungen (Kribbeln, Taubheit) und später Schwäche der Daumenmuskulatur.

Typische Symptome & Anzeichen

  • Kribbeln/Taubheit in Daumen, Zeige- und Mittelfinger (häufig nachts oder morgens).

     

  • Schmerzen im Handgelenk, teils ausstrahlend in Unterarm/Ellenbogen.

     

  • Nachlassende Feinmotorik: Dinge fallen aus der Hand, Mühe beim Knöpfen.

     

  • „Ausschütteln“ verbessert kurzzeitig die Beschwerden (Shake-Test).

     

  • Fortgeschritten: Schwäche/Atrophie des Daumenballens (Musculus abductor pollicis brevis).

Karpaltunnelsyndrom Selbsttest

Selbsttests liefern Hinweise, ersetzen aber keine Diagnose:

  • Phalen-Test: Handgelenke maximal beugen (Handrücken gegeneinander), 60 Sek. halten. Kribbeln in Medianus-Fingern spricht für KTS.

 

  • Tinel-Zeichen: Leichtes Klopfen über dem Karpaltunnel löst elektrisierendes Kribbeln aus.

     

  • Durkan-Test (Kompressionstest): Druck mit den Daumen über dem Karpaltunnel für 30 Sek. – Provokation der Symptome spricht für KTS. Fällt ein Test positiv aus oder bestehen nächtliche Beschwerden, sollte eine ärztliche Abklärung erfolgen.

Häufige Ursachen des Karpaltunnelsyndroms

  • Überlastung/Belastungsmuster (wiederholte Beugehaltungen, Vibrationstools, langes Tippen ohne Pausen).

  • Schwellungen im Tunnel: Sehnenscheidenentzündung, Weichteilschwellung.

  • Hormonelle Einflüsse: Schwangerschaft, Hypothyreose, Wechseljahre.

  • Metabolisch: Diabetes mellitus, Adipositas.

  • Anatomische Varianten/Engen oder posttraumatisch (Fraktur, Narben).

  • Idiopathisch: ohne klare Ursache.

Wie erfolgt die Diagnose?

  1. Anamnese & klinische Untersuchung
    (Phalen, Tinel, Durkan; Sensibilität, Daumenkraft).


  2. Elektroneurographie (NLG/EMG) 
    Misst die Nervenleitgeschwindigkeit – wichtig zur
    Sicherung und Schweregrad-Einteilung.

  3. Ultraschall 
    Querschnittsfläche des Nervs, Raumforderung?
    Diagnostik erfolgt typischerweise durch Orthopädie/Handchirurgie oder Neurologie; erste Zuweisung oft über den Hausarzt.

Karpaltunnelsyndrom Krankheitsverlauf

  • Frühphase: vor allem nächtliches Kribbeln/Taubheit, Besserung durch Ausschütteln.

  • Progression: Beschwerden tagsüber, feinmotorische Defizite, Kraftverlust.

  • Spätphase: Daumenballenatrophie, persistierende Taubheit – teils auch nach Entlastung nur teilweise rückbildungsfähig. Frühzeitige Behandlung verbessert die Prognose.

Behandlung des Karpaltunnelsyndroms

Konservative Behandlung

  • Nachtschiene (neutral/leicht extendiertes Handgelenk, 6–8 Wochen): reduziert nächtlichen Nervendruck.

  • Belastungsanpassung & Ergonomie: Pausen, Handgelenk neutral halten, Tastatur/Maus anpassen, Vibrationsbelastung reduzieren.

  • Physiotherapie: Nervenmobilisation, Sehnengleiten, Mobilisation der Karpale, Haltungs-/Belastungscoaching.

  • Entzündungshemmung: kurzfristig NSAR (sofern verträglich).

  • Kortison-Injektion: bei deutlicher Sehnenscheidenentzündung; gute Kurzzeitwirkung möglich (Indikation & Risiken abwägen).

Operation des Karpaltunnelsyndroms

Indikationen:

  • Anhaltende oder progrediente Symptome trotz konservativer Therapie (typisch ≥ 6–12 Wochen).

  • Mittlerer bis hochgradiger Leitungsblock in NLG/EMG.

  • Motorische Ausfälle/Atrophie oder anhaltende Taubheit.

Verfahren: Spaltung des Karpaldachs (offen oder endoskopisch) zur Druckentlastung.

Erholung: Alltagsaktivitäten oft nach wenigen Tagen möglich; Kraftaufbau 4–12 Wochen, feinmotorische Leistung individuell.

Karpaltunnelsyndrom Übungen

Hinweis: 2–3× täglich, schmerzfrei, langsam und ohne Taubheitsverschlechterung durchführen. Bei Zunahme der Symptome abbrechen und abklären lassen.

Übung 1: Handgelenksbeugung und -streckung

Ellenbogen gestreckt, Handfläche nach unten. Handgelenk langsam beugen, 5 Sek. halten; dann strecken, 5 Sek. halten. 10–12 Wiederholungen.

Übung 2: Nervengleiten (Medianus-Nervenmobilisation)

Ausgangsposition: Arm seitlich, Ellbogen gebeugt, Hand neutral.
Abfolge in 5–6 Positionen: Schulter abduzieren → Ellbogen strecken → Unterarm supinieren → Handgelenk/Finger strecken → Kopf zur Gegenseite neigen (zur Wirkung variieren). Nur bis zum leichten Zug, kein Schmerz. 6–8 lockere Wiederholungen.

Übung 3: Fingerdehnung („Gebetsstellung“)

Handflächen vor Brust zusammen, Ellbogen auf Schulterhöhe. Hände langsam nach unten schieben, bis sanfter Dehnreiz in Handgelenken/Unterarmen, 20–30 Sek. halten, 2–3 Durchgänge.

Optional ergänzen: Sehnengleitübungen (Einzel-Fingerbeugung/-streckung, Haken-/Gerade-/Faustpositionen), je 10–12 Wiederholungen.

Fazit & Aussicht

Das Karpaltunnelsyndrom ist gut behandelbar. Frühzeitig angewendet, helfen Schienen, Ergonomie und gezielte Übungen vielen Betroffenen. Bei fortgeschrittenem Befund stellt die Operation eine zuverlässige Option dar, um den Nerv zu entlasten und Folgeschäden zu vermeiden. Entscheidend sind eine klare Diagnose, ein strukturierter Therapieplan und konsequente Umsetzung.

Häufig gestellte Fragen

Je nach Schwere: zunächst Nachtschiene, Belastungsanpassung, Physiotherapie (Nerven-/Sehnengleiten), ggf. Kortison-Injektion. Bei anhaltenden oder schweren Fällen: operative Entlastung.

Der Nerv kann dauerhaft geschädigt werden: persistierende Taubheit, Daumenballenatrophie und bleibender Kraftverlust sind möglich.

Längere starke Beugehaltungen, Vibrationstools ohne Pausen, festes Abstützen auf dem Handballen. Ergonomisch arbeiten, häufige Mikropausen einbauen.

In frühen Stadien ja – mit Schiene, Anpassungen und Übungen oft deutliche Besserung. Bei motorischen Ausfällen/hochgradiger Leitungsstörung ist meist eine OP nötig.

Phalen-, Tinel- und Durkan-Test können Hinweise geben. Ein negativer Test schließt KTS nicht sicher aus. Sichere Diagnose: klinische Untersuchung plus NLG/EMG.

Über den Autor

Picture of Peter Andrukonis
Peter Andrukonis
Peter arbeitet sehr präzise und analytisch und ist stets offen dafür, neue Methoden oder Alternativen bei der Behandlung seiner Patienten zu erproben. Er vertritt die Auffassung, dass jeder Mensch individuell ist und dementsprechend maßgeschneiderte Therapiemaßnahmen benötigt. Durch das Verständnis für den eigenen Körper, Bewegungsabläufe, Bewegungsmuster und physiologische Prozesse, die im Körper stattfinden, bemüht sich Peter, seinen Patienten ein Bewusstsein und Verständnis für ihren eigenen Körper zu vermitteln, damit sie nicht nur therapiert werden, sondern aktiv an ihrer Therapie mitwirken können.

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